Wandel im B2B-Vertrieb: Kunden wollen digital und dennoch individuell beraten werden

  • Juni 21, 2021

Der digitale Wandel im B2B-Vertrieb findet jetzt gerade statt und legt insbesondere Wert darauf, den Einkaufsprozess entlang der Kundenbedürfnisse neu zu denken. Ein kurzer Abriss der Marktveränderungen in der Konsumgesellschaft und was das für den B2B-Vertrieb von heute bedeutet.

 


Inhaltsverzeichnis

Individualität. Nachhaltigkeit. Digitalisierung. Buzzwords 2021. Jeder wirft damit um sich, verlangt nach Veränderung, nach Fortschritt. Im modernen B2B-Vertrieb gehen die drei Bereiche Hand in Hand, doch das nicht erst seit ein paar Jahren. Die Konsumgesellschaft, von welcher seit 1960 in Deutschland die Sprache ist, hat den Vertrieb radikal verändert. Erst im B2C, dann auch im B2B. Die Wahrnehmung, alles stehe jederzeit zur Verfügung, hat zur Folge, dass nicht mehr einzelne Produkte oder die Marke, sondern der angebotene Mehrwert im Mittelpunkt des Konsuminteresses steht, ganz im Sinne der Verbesserung der Lebensqualität. Wenige, fortgeschrittene Jahrzehnte in der Konsumgesellschaft brachte die Amazonisierung und die Expansion der Konsummöglichkeiten aufgrund der Digitalisierung neue Herausforderungen mit sich.

 

Konsumgesellschaft: Das Fundament für den Vertrieb 2.0

Über lange Zeit waren der Wochenmarkt und Tante-Emma-Laden zentrale Anlaufstellen zum Einkaufen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen Vertriebsformen auf, welche nunmehr spezifische Schichten ansprachen: das Kaufhaus, der Versandhandel sowie auf bestimmte Produkte spezialisierte Läden. Gleichzeitig entstand der Markenartikel, der Vertrauen schaffen soll und damit Kundenbindung generiert. In den 1960ern entwickelten sich neue Vertriebsformen, die sich verstärkt auf den Point-of-Sales konzentrierte. Einkaufen wurde zunehmend zu einem Erlebnis und der Ort des Einkaufens die Bühne der Kunden zur Darstellung ihres gesellschaftlichen Status.

Nach den gleichen Regeln funktionierte auch der Tür-zu-Tür-Verkauf. Nach Betreten der Haustür wurde nicht nur ein Produktkatalog vorgelegt, sondern wahrlich eine Show geboten. Der potenzielle Käufer erhielt die Aufmerksamkeit und Bestätigung seiner individuellen Daseinsberechtigung, die er sich in der Konsumgesellschaft so sehr wünscht. Im B2B sah das ähnlich aus. Ein Verkaufsgespräch ging nicht selten einher mit einem Kaffee oder gerne auch mal einem Bier. Im Eins-zu-Eins-Gespräch bekam der Käufer die gewünschte Aufmerksamkeit und eine auf ihn individuell zugeschnittene Lösung serviert. Die Selbstdarstellung sowohl aus der Perspektive des Kunden wie des Vertriebsmitarbeiters ist ein zentrales Merkmal der Konsumgesellschaft. So auch als der Wunsch danach, als Individuum wahrgenommen und individuell beraten zu werden.

 

Zu viele Informationen verwirren, der Kunde benötigt eine Orientierungshilfe

In der Konsumgesellschaft und mit dem Ausbau der Geschäftsflächen kristallisierten sich einige Probleme heraus: Unübersichtliche Gänge, fehlende Orientierung, lange Suchzeiten. Im World Wide Web sind die Anforderungen nicht weniger einfach. Nein, ganz im Gegenteil. Insbesondere hier ist gefragt, für Orientierung zu sorgen. Webseiten sind oft wenig bis gar nicht nutzerfreundlich gestaltet und bieten keine Orientierung, stattdessen verlieren sich potenzielle Kunden in einem Irrgarten aus Informationen. Der Überfluss an Informationen und Produkten wirkte sich aber noch in anderer Hinsicht auf den B2B-Vertrieb aus.

Das Übermaß an Informationen zählt zu einem wesentlichen Merkmal der Konsumgesellschaft. „Eine entscheidende Fähigkeit in der Informationsgesellschaft besteht darin, sich gegen die 99,99 Prozent der angebotenen Informationen zu schützen, die man nicht will.“[1], resümiert der Psychoanalytiker Erik H. Erikson.

Kunden benötigen online wesentlich dringender Orientierungshilfe als im analogen Geschäft. Dabei steht jedes Unternehmen gleichermaßen vor dem Problem, dass die Fülle an Informationen zu oft in einer Überforderung der Konsumenten endet. Es sind also digitale Lösungen gefragt, die die Informationen reduzieren, ohne das Wichtige auszulassen, und die beraten, ohne Qualitätsverlust. Und es ist gefragt, den Kaufentscheidungsprozess der Kunden zu verstehen.

 

Digitaler Wandel bringt neue Kundenbedürfnisse wie Onlineberatung ohne Kontakt zum Vertrieb hervor

Der Käufer nimmt eine stärker werdende Position ein, trifft weniger übereilt fehlerhafte Entscheidungen, denn der Käufer allein kann heute bestimmen, wann und vor allem welchen Kauf-Button er betätigen möchte. Eine Folge des Überangebots auf dem Markt. Das heißt auch, dass Marketing und Vertrieb stärker miteinander zusammenarbeiten, neue Verkaufsargumente aufgeführt und neue Vertriebskanäle genutzt werden müssen, denn Fakt ist, dass Unternehmen stärker in den Dialog mit den Konsumenten treten müssen, um nicht auf dem absteigenden Ast zu landen.

Digitaler Wandel bedeutet also auch die neue Macht der Konsumenten zu erkennen und anzuerkennen. Darüber hinaus erwarten Einkäufer auch im B2B den gleichen Komfort wie im B2C. Sie erwarten schnell, einfach und digital ihre Großbestellungen abschließen zu können, und das am besten, ohne den B2B-Vertrieb kontaktieren zu müssen. Das gelingt nur, wenn auch online Orientierungsfreundlichkeit und individuelle Beratung gegeben sind. Zwei Punkte, die auf einer Website oder im Onlineshop nicht einfach umsetzbar sind.  

Aus der Schnelllebigkeit und der Informationsflut resultiert mehr denn je der Wunsch nach Orientierungsfreundlichkeit und Beratung, oder anders ausgedrückt: Der digitale Wandel bringt neue Kundenbedürfnisse nach Digital-Self-Service, individueller Beratung ohne Kontakt zum Vertrieb und Nachhaltigkeit zum Vorschein. Ziel ist es, die Kunden durch positive Erfahrungen entlang des Point-of-Sales zu begeistern.

 

So kann der B2B-Vertrieb reagieren

Die Aufmerksamkeitsspanne eines Besuchers auf der Webseite fällt i.d.R. sehr gering aus. Gerade die ersten zehn Sekunden auf der Webseite müssen den Kunden überzeugen und selbst wenn diese überwunden sind, bleiben sie häufig nur 2-3 Minuten.[2] Findet ein potenzieller Kunde beim Besuch einer Internetseite oder Webshop nicht die gewünschten Informationen in der kurzen Zeitspanne, springt er häufig ab zur Konkurrenz.

So schwierig es scheint, Neukunden online zu gewinnen oder gar Kundenbindung aufzubauen, so zahlreich sind auch die Möglichkeiten der Aktivierung des Point-of-Sales mit digitalen Mitteln. Neue Softwares ermöglichen beispielsweise dem Kunden den Einstieg in relevante Themenbereiche. In den letzten Jahren haben sich vier wesentliche Merkmale eines modernen und digitalen B2B-Vertriebs herausgebildet, geformt von den Konsumenten, umgesetzt von den Unternehmern.

 

1. Self-Service

Der Kunde möchte in der Lage sein, flexibel, ortsunabhängig und eigenständig nach dem zu seinen Bedürfnissen passenden Produkt zu recherchieren. Erst nachdem die Kaufentscheidung schon zu hoher Wahrscheinlichkeit getroffen wurde, wird der Vertrieb kontaktiert. Self-Service bedeutet vor allem schnell und einfach Kaufentscheidung treffen zu können, sowie bei späteren Anliegen die Möglichkeit zu haben, Änderungen auch außerhalb der Service-Zeiten vornehmen zu können.  

 

2. Individualität

Für den B2C-Kunden sind im World Wide Web Faktoren wie Flexibilität, Information und Nachhaltigkeit bei der Kaufentscheidung entscheidend. Aber auch die individuellen Bedürfnisse und Erwartungen des Suchenden nimmt im B2B einen wichtigen Stellenwert ein. Authentizität und Singularität prägen die digitale Konsumgesellschaft. Der Kunde wünscht sich, in anderen Worten, auch im B2B online individuell beraten zu werden und die bestmögliche Entscheidung für sein Unternehmen treffen zu können. Eine Möglichkeit, das umzusetzen, sind Guided Selling Softwares.

 

3. Nachhaltigkeit

Die neuen Informationstechnologien bieten immer mehr Alternativen, zwischen denen sich der Konsument entscheiden muss. Um in diesem Übermaß an Informationen zurecht zu finden, werden neue Kriterien zur Entscheidungsfindung hinzugefügt. In Deutschland zeichnet sich dahingehend ein klarer Trend zum nachhaltigeren Konsum ab. Digitalisierung bietet den Unternehmen eine bessere Planbarkeit der Produktion – und somit eine nachhaltigere Produktpolitik.

 

Unternehmen profitieren von der Digitalisierung des B2B-Vertriebs

Nicht nur der Kunde wünscht sich neue Digital Touchpoints, sondern auch der Mitarbeiter im B2B-Vertrieb strebt nach mehr Effizienz und Zeitersparnis. Daneben seien an dieser Stelle drei Vorteile digitaler Vertriebskanäle für das Unternehmen genannt: Effizienzsteigerung, Verkürzung der Vertriebszyklen und Market Insights.

Daten bieten spannende Erkenntnisse bzgl. Kundenbedürfnissen und können Markttrends in Echtzeit anzeigen. Dadurch können Unternehmen schneller und nachhaltiger auf die Bedürfnisse potenzieller Kunden reagieren, was zudem eine gewisse Agilität im Unternehmen unterstützen kann. Digitale Vertriebstools und neue Technologien schaffen neue Zugänge zu Informationen und Waren, vereinfachen zudem Arbeitsprozesse und übernehmen gerne auch mal die lästigen Arbeiten.

In allen Lebensbereichen rücken Nachhaltigkeit und Digitalisierung in den Vordergrund, so auch im B2B. Die Digitalisierung bietet dabei spannende und vielversprechende Möglichkeiten für den B2B-Vertrieb. Unternehmen, die ihren Vertrieb und Einkaufsprozess nicht den Kundenbedürfnissen anpassen, laufen damit Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Mit einem immensen Wachstum des digitalen B2B-Vertriebs ist zu rechnen, daher gilt es, am besten heute noch den Vertrieb zu digitalisieren.


[1] Erikson, Erik H.; Hylland, Thomas: Die Tyrannei des Augenblicks. Die Balance finden zwischen Schnelligkeit und Langsamkeit, Freiburg im Breisgau 2002, S. 34f.

[2] https://www.usability.ch/news/wie-lange-bleiben-die-nutzer-auf-einer-webseite.html

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